Jörg Kachelmann wird nicht verurteilt werden. Dazu hat die Anzeige erstattende Dame zuviel gelogen, um es direkt zu sagen. Diese Lügen sind herausgekommen und sie hat das beschönigt. Dennoch bleibt die Anklage in der Hauptsache. Aber die Gutachten stellen die Kronzeugin derart in Zweifel, selbst Frau Greuel, die Gutachterin der Staatsanwaltschaft, hat das bestätigt, so dass es zu keiner Verurteilung Kachelmanns mehr kommen kann, das reicht einfach nicht.
Das andere Problem ist, dass Kachelmann diverse Liebschaften hatte und den jeweiligen Damen schon etwas vorgemacht hat. Es wird erstens keinen Freispruch erster Klasse geben und es wird zweitens keine heile Welt mehr da sein, wenn der Prozess abgeschlossen und der Vorgang mangels Beweisen oder aus vergleichbaren Gründen abgeschlossen bzw. eingestellt worden sein wird.
Soviel ist klar: Kachelmann hat verschiedene Liebschaften gehabt. Dazu steht er, das streitet er nicht ab. Eine davon hat sich gerächt, als er ihr dies gestand, notgedrungen sagte er es, weil es einfach herausgekommen ist. Aber er hat sie sicherlich nicht vergewaltigt - das passt nicht zu ihm. Eine typisch weibliche Rache, moralisch ist er schuldig, hat Fehler gemacht, sich nicht korrekt verhalten. Strafrechtlich ist Kachelmann kaum zu verurteilen, das wäre dann ein Urteil, welches er mit Erfolg anfechten könnte, Revision im Zweifelsfall und ganz am Ende wird er so oder so nicht verurteilt werden. Möglicherweise reicht eine Hauptverhandlung, die sich auch über einige Stunden oder Tage ziehen könnte, um das zu zeigen. Theoretisch könnte auch die Staatsanwaltschaft die Revision betreiben, das geschieht eher selten.
Es ist abzusehen, wie alles ausgeht. Kachelmann kommt frei - seine Karriere dürfte aber beendet sein, da er keinen Freispruch erster Klasse bekommen kann, und auch da ihm die diversen Beziehungen von Menschen mit Moral selbstverständlich übel genommen werden, es sei denn die Anzeigeerstatterin würde zugeben, alles erfunden zu haben. Aber das ist genau so unwahrscheinlich wie der Freispruch erster Klasse. Und selbst dann, im allergünstigsten und besten Fall für ihn, wäre bekannt, dass Jörg Kachelmann ein Casanova war, und das ist selbst in der heutigen Zeit noch einer Karriere abträglich, weil eben jeder weiß, dass einer der 5 oder 10 Frauen, oder eher noch mehr, hatte, wieviel davon gleichzeitig ist fast nachgeordnet, der kann eben nicht als strahlender Held und Wetterfrosch der sein, den alle bisher in ihm sahen: einen Saubermann. Ich finde ihn immer noch sympathisch, aber ein wenig bedauere ich schon auch, dass er es mit den Frauen übertrieben hat. Als Moralapostel müsste ich ihn verurteilen, das bin ich aber nicht, auch wenn ich sein Verhalten nicht selbst für mich anwenden könnte. Dazu muss man der Mensch sein, um andere systematisch zu täuschen und dabei cool zu blieben. Ich wäre nicht der Mensch, ich wollte auch nicht so sein. Aber noch einmal - auch ein Moralapostel könnte ich nicht sein, bin es nicht. Zwei Freundinnen wären vielleicht noch verzeihlich gewesen, auch zugleich, er war ja nicht verheiratet, aber gleich so viele? Aus der Sicht von Außenstehenden mag so etwas verzeihlich sein, wer in so etwas "drinsteckt", für den ist es immer problematisch. Es hört eben auf lustig zu sein, wenn man an den Schmerz der Frauen denkt, denen er jeweils ein späteres Zusammenleben in Aussicht gestellt hatte.
Aber nein, er hat sie nicht vergewaltigt, er hat nur ihr Leben zerstört durch sein Verhalten, so sieht sie das. Deshalb hat sie auch verräterisch zu einem Gutachter gesagt: "Ich habe ja nichts mehr, er hat mir alles genommen", das muss man sich vorstellen. Und auch wenn mich jetzt gar keiner mehr versteht, ich habe sogar Verständnis mit der Frau, die sich rächen wollte.
Wir Außenstehende haben es eben gut, wir haben Abstand. Wir können uns die Sache von außen ansehen und uns scheinbar locker eine Meinung erlauben. Die mag dann so differenziert sein oder so simpel wie die meine.
Aber der ausführliche Artikel in "Der Spiegel" geht einem an die Nieren, das lese man und bleibe cool - das geht gar nicht. "Der Spiegel" - 8 Seiten, ab Seite 58 bis Seite 65, Ausgabe Nr. 23 vom 7. Juni 2010. Der Artikel hat ein denkwürdiges Ende:
"Wahr oder nicht: Die Aufklärung im Fall Kachelmann hat gerade erst begonnen. Doch wahr oder nicht - die Fernsehkarriere des Jörg Kachelmann dürfte zu Ende sein, so oder so. Es ist, möglicherweise, eine Tragödie für Kachelmann, in jedem Fall aber auch für das Opfer - ob ein wahres oder nicht. Denn auch "Simone" ist eine Verlorene, entweder sie ist ein Opfer einer brutalen Vergewaltigung, das sich nun sogar noch verteidigen muss gegen Gutachter und Gegenanwälte. Oder sie hat jetzt auch noch ihre Unschuld verloren, weil sie selbst durch Kachelmann vorher alles andere verloren hatte. Ihren Glauben, Ihre Liebe, ihre Hoffnung. Elf Jahre ihres Lebens. Ich hab ja nichts mehr, sagte sie der Gutachterin Greuel, er hat mir mein ganzes Leben genommen. Wahr oder nicht? Wahr."
Nein, nochmals - vergewaltigt hat er sie nicht, das ist nicht seine Art. Er hatte keine unkontrollierten Ausbrüche. Er war aber nicht perfekt genug, um seine verschiedenen Liaisonen so zu organisieren, so dass niemand dahinter kommt. Aber genug. Es geht beinahe nie gut, so etwas geht nicht auf, doch manchmal kommt es erst sehr spät ans Tageslicht, zum Beispiel wie bei Charles A. Lindbergh. Immer die Männer, sagte ich nicht schon "Aber genug"? Na dann, Punkt und aus.
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