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SchVVarzer Peter
 Betreff des Beitrags: Die Reise ins Licht ...
Ungelesener BeitragVerfasst: So 21. Mär 2010, 23:19 
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Langsam zerfloss die Sonne hinter den Bergen, bereit ihr Zepter der Nacht zu übergeben. Die Luft war klar und kalt wie der frostige Atem des zwölften Mondes, den er schon zahlreiche Jahre spürte und wohl nie in seinem Leben lieben würde.

Dennoch – heute war ein besonderer Tag. Hell wie noch nie zuvor erleuchtete dieser Stern, von dem die alten Schriften erzählten, neben der Sichel des zwölften Mondes.

Diesem Stern müsse er folgen, wenige Schritte seien es nur, und sein Leben sei ein neues, schöner er es sich jemals vorstellen könne – das Paradies.
So jedenfalls hatten es ihn die Alten gelehrt, denen es wiederum so von den Ältesten des Dorfes gelehrt worden war.
Seine kostbarsten Kleider hatte er für diesen Tag gut behütet aufbewahrt, schließlich wollte er wie ein Edelmann und nicht wie ein Bettler ins gelobte Land, das Paradies, eintreten.

Elegant sah er aus, sein schwarzer Anzug schien in der Dämmerung wie Silber zu schimmern und das weiße Hemd stand an Helligkeit dem Stern kaum nach. Ein letztes großes Mahl hatte er sich in seiner wohlig warmen Hütte zubereitet, schließlich konnte man nicht wissen, vielleicht war der Weg doch länger und beschwerlicher als es die alten Schriften erzählten. Satt und zufrieden saß er nun da, trank noch ein Glas Wein, um so auf die Nacht zu warten, welche ihm die Botschaft für seinen Weg bereit halten sollte.

War es nur der Wind oder war es doch nur ein leises Jammern, was er da hinter seiner Türe zu hören glaubte? Plötzlich schien es so, als würde etwas an seiner Tür kratzen. Er hatte sich also nicht getäuscht, da war jemand.

Hastig schritt er zur Tür und öffnete diese mit einem Ruck, fast wäre er über das Bündel gefallen, welches da vor seiner Tür lag.

Was ist dies nur für ein erbärmliches Männlein, dachte er beim Anblick des Häufchen Elends auf dem Boden.

Aus einem Gesicht mit sonnenverbrannten Falten und aufgeplatzter Haut voller Blasen starrten ihn zwei leere ausdruckslose, leblose Augen an. Weiße Lippen, auf denen getrockneter Speichel klebte, versuchten mühevoll nahezu unverständliche Worte hervorzupressen.
Farbloses, ausgeblichenes Haar stand ihm wirr und starr vom Kopf wie Stroh.

Seine Kleidung mochte ihm in vergangenen Zeiten einmal gepasst haben, nun aber war ihm der Anzug viel zu groß, die Schöße hingen ihm bis auf die Fersen. Der Stoff war schäbig geworden und zerfiel an vielen Stellen. Sein verschmutztes Hemd, welches ansatzweise erahnen ließ, dass es einmal ein elegantes weißes Kleid gewesen sein könnte, war ihm aus der Hose gerutscht, denn auch diese war viel zu weit, so dass er fast darin versank.
An einem Fuß hingen noch Fetzen eines Lackschuhes, dessen Sohle sich löste, der andere Fuß war mit einem schmutzigen, von Blut und Sekret durchnässten Tuch umwickelt.

Das rechte Ärmchen des alten Mannes streckte sich ihm, etwas ganz fest mit der Hand umklammernd, soweit man diese noch so bezeichnen konnte, entgegen.

Kaum hörbar stammelte der Alte „Nehmt dies und folget dem Licht des Sternes, man erwartet euch schon“. Mit seinem letzten Atemzug öffnete sich die Hand des sterbenden Alten und brachte so etwas wie ein Korn zum Vorschein – im hellen Licht des Sternes schimmerte es wie Gold.

„Dies muss die Botschaft sein“ dachte er, schnappte sich das Korn, lies den Alten ohne eine Regung des Mitgefühls liegen und begab sich auf den Weg zu diesem hellen Licht, welches nur wenige Schritte vor ihm zu liegen schien.

Die jungen Beine des noch unverbrauchten Körpers trugen ihn so rasch ein gutes Stück des Weges, dass es eine Weile dauerte, bis er sich entschloss, sein Nachtlager aufzubauen, um sich für den Marsch am nächsten Tag ein wenig zu erholen.

Als in der Frühe des folgenden Morgens die ersten Sonnestrahlen sein Antlitz berührten und er noch schlaftrunken langsam die Augen öffnete, erhoben sich vor ihm kahle Wände, fern und dunstig am Horizont – rundum nichts als Sand, Hügel an Hügel, schier endlos in alle Richtungen.
Erst als sich seine Augen langsam an das grelle Sonnenlicht gewöhnt hatten, erkannte er schemenhaft die Silhouette einer Frau. Sie war wohl mittleren Alters, klein, rundlich, aus ihrem makellosen Gesicht leuchteten ihn warmherzig zwei große Sterne – oder waren es doch Augen – an.
„Wer seid ihr“ fragte er sie.
„Ich bin die Liebe“ entgegnete sie ihm und fügte noch mit sanfter Stimme hinzu: „Man hat mich geschickt, euch durch die Sanddünen zu begleiten.“
„Was sind dies für Sanddünen, wo kommen sie her, sie waren doch, als ich mich auf mein Nachtlager begab, noch nicht da“, fragte er sie mit ein wenig Sorge in der Stimme.
„Sie waren schon immer da, unverändert und unveränderlich, mal sieht man sie, mal sieht man sie nicht, so ist das eben mit den Dünen des Hasses“, schien sie ihn belehren zu wollen.
„Aber machet euch keine Gedanken, dazu bin ich doch hier, euch sicher durch die Dünen des Hasses zu führen, folget mir einfach und ihr werdet sicher euer Ziel erreichen“, schloss sie und begann langsam in die Dünen hineinzulaufen.
Nicht gerade begeistert und angetan von diesem bevorstehenden Marsch folgte der dennoch der rundlichen Frau.
So marschierten sie beide Tag um Tag, während die Frau ihm fast ununterbrochen ihre schier nie enden wollenden Geschichten der vielen wunderbaren Begegnungen erzählte. Gelangweilt hörte er ihr zu, manchmal kam ihm ein „Ach so“ oder Ach ja“ über die Lippen, ansonsten schwieg er und versuchte nur so schnell wie möglich ans Ziel zu kommen.
Je länger sie marschierten, desto älter kam ihm die Frau vor, Wärme und Güte, so vermeinte er jedenfalls, schienen aus ihrem Gesicht gewichen, auch konnte sie ihm kaum noch folgen, immer häufiger mussten sie eine Pause einlegen, weil die Beine der Alten nicht mehr wollten.
„Nun beeile sie sich doch ein wenig, stelle sie sich nicht so an und höre sie auf zu jammern“ raunzte er sie fortwährend herablassend an.
„Wir schaffen das schon beide, wenn ihr nur ein wenig langsamer macht und mich ab und an stützt“, entgegnete sie ihm mit nach wie vor gütiger und sanfter Stimme.

„Mit euch werde ich nie ans Ziel kommen, ihr stört nur, ihr lästige alte Vettel, wärt ihr mir doch nur nie über den Weg gelaufen, der Teufel muss euch geschickt haben“, fauchte er sie an.
„Bleibe sie doch einfach wo der Pfeffer wächst“, fügte er noch hinzu, bevor er hastigen Schrittes der Alten enteilte und sie ohne auch nur einmal zurückzuschauen ihrem Schicksal überließ.

So eilte er eine weitere Weile allein durch die Dünen, die weißglühende Sonne im Zenit machte ihm den Weg immer beschwerlicher, seine Haare schienen von der Sonne verbrannt und der einst silberne Schimmer seines Anzugs war längst dem Schmutz und Staub gewichen – wahrlich kein Anzug eines Edelmannes mehr.

So entschloss er sich nach einer weiteren Weile erneut ein Nachtlager aufzuschlagen, denn seine Beine gehorchten ihm kaum noch und er fühlte sich lange nicht mehr so jung und ausgeruht wie einst.

Als habe er eine halbe Ewigkeit geschlafen, kam es ihm vor, als er am nächsten Morgen aufwachte. Ein kalter Wind hatte ihn aus dem Schlaf geholt, von der glühendheißen Sonne war weit und breit nichts zu sehen. Den Zenit konnte man allenfalls erahnen. Nichts als Bäume weit und breit, dunkel und schier endlos in den Himmel ragend, umgaben ihn. Bäume, Bäume und nochmals Bäume – ein finsterer Wald ohne Anfang und Ende.

Vor ihm näherte sich ein Reitersmann, hoch oben auf einem edlen Ross sitzend, in Gewändern goldbeflockt aus Samt und Seide. Dieser lächelte ihn an. Aus seiner Tasche, prall gefüllt mit Waren, wie sie nur ein Fürst oder gar König mit sich führte, holte er einen Beutel mit Wasser und reichte sie mit den Worten:“ Trinkt mein Freund, trinkt so viel ihr möchtet, ihr müsst euch stärken für den Weg der vor euch liegt“.

„Wer ist er, und was ist dies für ein Wald, überhaupt, was soll das, man sagte mir doch, es wären nur ein paar Schritte“ jammerte er mehr als dass er den Fürsten wirklich fragte.
„Ich bin die Genügsamkeit und werde euch durch den Wald der Habgier führen, damit ihr sicher euer Ziel erreichst“
„Aha“ entgegnete er dem Fürsten, „ich hatte schon einmal so eine Hilfe, sie war mir nur ein Klotz am Bein und fiel mir zusehends zur Last, verrotten soll sie, da wo sie jetzt ist, ich hoffe er ist eher zu etwas zu gebrauchen, schließlich habe ich einen Auftrag zu erfüllen“, klang es bissig aus seinem Munde.
„Gemach mein Freund, mit meiner Hilfe werdet ihr euren Auftrag würdevoll erfüllen, vertrauet mir nur“ versuchte der Fürst den sichtlich Aufgebrachten zu beruhigen.
„Bleibt immer dicht an meiner Seite und wir sind aus dem Wald der Habgier ehe ihr euch verseht“, gab er ihm noch mit auf den Weg.
So begaben sich beide auf den Pfad durch den Wald, der Fürst auf seinem Pferd und er zu Fuß dicht neben ihm.

So verstrich abermals geraume Zeit.
Sein Anzug hatte schon viele Risse und Löcher durch Gestrüpp, Äste und Stacheln, die sich ihnen immer wieder in den Weg stellten, und auch die Schuhe begannen, sich an den Sohlen allmählich aufzulösen. Sein Gesicht war mittlerweile von Falten gezeichnet und als ihn die Beine nicht mehr tragen wollten, jammerte und greinte er wie ein Kind: „Was ist er für eine Hilfe, sitzt hoch oben zu Rosse, während ich endlos neben ihm herlaufen muss. Meint er, so kommen wir jemals ans Ziel?“

„Mein Freund, daran soll unsere Reise nicht scheitern“ lächelte der Fürst, die Genügsamkeit, ihn gütig an, stieg von seinem Pferd herab und hob den greinenden Weggefährten auf das Ross.
„Ja, so hat es seine Richtigkeit“ entgegnete dieser dem Fürsten ohne ein Wort des Dankes.

Mit jedem Schritt den sie durch den Wald liefen schien der Fürst zu altern, sein Gang wurde beschwerlich und immer langsamer.

„Stelle er sich nicht so an und bewege sich etwas schneller, so ist er mir wahrlich keine Hilfe“ raunzte er den immer schwächer werdenden Fürsten an.

„Vielleicht sollten wir für ein kurzes Stück des Weges tauschen, damit ich mich ein wenig erholen kann“ schlug der Fürst vor.

„Wer ist er, mir einen solch Vorschlag zu unterbreiten, ich bin es schließlich der hier sein Ziel erreichen muss, und überhaupt, was will er mit all diesen Reichtümern in seiner Tasche, mir stehen diese viel besser zu Gesicht, ja sie gehören mir, er durfte sie nur für mich aufbewahren“ schrie er den Fürsten an, gab dem Pferd die Sporen und verschwand in der Tiefe des Waldes, den Fürsten seinem Schicksal überlassend, ohne auch nur ein einziges Mal zurückzuschauen.

Er ritt schneller, immer schneller, bis das Pferd unter ihm tot zusammenbrach. Erschöpft von dem langen Ritt lehnte er sich an einen Baum und fiel alsbald in einen tiefen Schlaf.

Irgendetwas stimmt hier nicht, bemerkte er beim Aufwachen sofort, noch bevor sich seine Augen öffneten.
Was ist das für ein Plätschern, wieso ist meine Kleidung so klamm, dachte er, und schlug langsam seine Augen auf. Wasser, nichts als Wasser so weit er sehen konnte, ein unendliches Meer von Horizont zu Horizont umgab ihn.
Ein altes dünnes, sehr langes Holzboot, das jeden Augenblick auseinanderzubrechen drohte, war sein einziger Schutz gegen Wasser und Wellen. Am anderen Ende des Bootes saß ein uraltes hässliches Weib, der Wind wehte ihr das schlohweiße dünne Haar ins faltenübersäte Gesicht. So hässlich sie auch war, so streng ihre Gesichtszüge schienen, strahlte sie doch etwas Aufrechtes und Ehrliches aus.

„Wer ist sie, wo sind wir, wo kommt das viele Wasser her“ schrie er das alte Weib an, als sei sie taub.

„Wir befinden uns im Meer der Lügen, aber ihr habt nichts zu befürchten, ich bin die Wahrheit und werde euch unversehrt und trockenen Fußes zu eurem Ziel führen“, versuchte sie ihr aufgebrachtes Mündel zu beruhigen.
„Ich bin schon sehr, sehr alt und habe seit Menschengedenken auf diesem Meer gelebt. Nichts, absolut nichts an diesem Meer ist mir verborgen. Glaubet an mich, sehet mich als eure Mutter an und ich werde euch so wie einen geliebten Sohn vor den Stürmen des Meeres beschützen“.

„Warum sollte ich einem alten hässlichen Weib, das sich kaum noch auf den Beinen halten kann, glauben“ lachte er die Alte höhnisch an.
„Ich hatte auf meinem langen Weg wahrlich stattlichere Hilfen als euch zerbrechliches Weib, und was haben sie mir gebracht? Nichts! Sage mir, warum also sollte ich ausgerechnet ihr glauben schenken“, kam es krächzend es aus seinen verkrusteten Lippen inmitten eines zornverzerrten Gesichtes hervor.

„Weil ich die Wahrheit bin.“
Diese Worte kamen so ruhig und gelassen über ihre Lippen, wie sie nur einem alten, weisen Menschen gegeben sind.

„Hach“ entgegnete er ihr, „am besten verschwinde sie dahin, wo sie hergekommen ist, bevor ich sie im Meer ertränken muss.“
Die Alte aber blieb stumm und freundlich lächelnd, so als hätte sie seine Worte gar nicht gehört, am anderen Ende des Bootes sitzen und genoss sichtlich die leichte Brise, welche das Meer kräuselte.
So trieb das Boot eine ganze Weile über das Meer. Von der Alten kaum Notiz nehmend, ließ er sich müde und erschöpft in dem Boot treiben.

Das Meer wurde mit jedem Augenblick unruhiger, aus dem sich fein kräuselnden Wasser wurden haushohe Wellen. Bedrohlich und beängstigend spielte das Meer mit der Nussschale, die jeden Moment auseinander zu brechen drohte.
Unbeeindruckt vom Ganzen, fast als lebe sie in einer anderen Welt, ihrer Traumwelt, genoss die Alte schweigend, mit einem Lächeln im Gesicht, die Meeresgischt, währenddessen ihr Mündel verzweifelt gegen die Gewalten der Natur ankämpfte.
Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis das alte Boot zerbersten und seine Insassen dem Meer übergeben würde, als just wie aus dem Nichts ein alter Fischkutter – jedenfalls schien es ihm als wäre es ein solcher – vor ihnen auftauchte.

Ein Mann, mit gestähltem Körper, wie eine Eiche im Sturm stehend, rief aus der Ferne mit lauter tiefer Stimme: „Bleibt ruhig, damit das Boot nicht zerbricht, ich eile zur Hilfe, gleich bin ich bei euch.“

„Beeile er sich, die Zeit drängt“ presste der Erschöpfte mühevoll aus seinem geschwächten Körper hervor.

Kurze Zeit später lagen der Fischkutter und das, was von dem alten Boot noch übrig war, backbord an steuerbord nebeneinander.

„Nun beeile er sich schon und hole uns hier raus“ herrschte er den Fischer mit schwacher Stimme, aber in einem dennoch klaren Befehlston an.

„Das ist nicht so einfach“, erwiderte der Fischer, „mein Boot kann nur eine Person aufnehmen, wie ich aber sehe, seid Ihr zu zweit.“

„Ach die Alte ist doch schon fast tot, das war sie schon, als ich sie in meiner grenzenlosen Güte aufnahm, es ist nicht der Mühe wert dieses leblose Bündel Nichts zu retten, also hole er mich auf sein Schiff und überlasse die Alte dem Meer“, rief sein dünnes Stimmchen zum Schiff hinüber.

„Schwerlich weiß ich eine Entscheidung zu treffen“ ließ sich der Fischer nicht beirren.
„Einer von euch beiden muss die Wahrheit sein, einzig sie gilt es zu retten.“

„Hach“ presste er über seine Lippen, bevor er in schrillem Ton zu lachen begann. „Schau mich doch an, ICH bin die Wahrheit, ohne die Lügen der Alten wäre ich nie in diese missliche Lage geraten, sie hat es nicht anders verdient als vom Meer verschlungen zu werden, mich, die Wahrheit muss er retten, schließlich habe ich einen wichtigen Auftrag zu erfüllen, von dem Wohl und Weh der Menschheit abhängt.

Es wechselten noch einige Worte, bevor der Fischer sich auf den Handel einließ und ihn, um die vermeintliche Wahrheit zu retten, auf sein Schiff nahm.

Die Alte in ihrem Boot verschwand im Schlunde des Meeres, ohne dass auch nur die geringste Notiz von ihr genommen wurde – so als hätte es sie nie gegeben.

„Ich habe Hunger und Durst, warum reicht er mir nichts, mich zu laben“ kam es fordernd ohne ein Wort des Dankes für die Hilfe aus dem Mund des Geretteten.

„Unter Deck ist alles was Ihr braucht, bedient euch“ gab ihm der Fischer zur Antwort.

So begab er sich unter Deck, trank und aß so viel und so lange, bis er vor Erschöpfung in einen tiefen und festen Schlaf versank.

Wie eine Lampe mit bläulich emailliertem Blechschirm stand die Sonne über ihm, bereit seine letzte Kraft auszusaugen, als er seine Augen öffnete.

Es musste wohl eine sehr lange Zeit vergangen sein, dachte er sich beim Anblick seiner verschrumpelten Hände. Der einst elegante Anzug, dessen Fetzen an seinem ausgemergelten Körper herabhingen, mochte ihm in vergangenen Zeiten einmal gepasst haben, nun aber war er ihm viel zu groß, die Schöße hingen ihm bis auf die Fersen. Der Stoff war schäbig geworden und zerfiel an vielen Stellen. Das Hemd war ihm aus der Hose gerutscht, denn auch die war zu weit, und er musste sie ständig hinaufziehen.

So stand er da, inmitten eines unendlichen Tales aus Steinen, nichts als Steine und abermals Steine. Überall turmhoch aufgehäufte Steine in allen erdenklichen Größen und Formen, ihre Grellheit tötete alle Farben, sie ließ nur weiße Flächen und schwarze Schatten übrig. Das Skelett des widerspiegelnden Sonnenlichtes, blendend, unerträglich, mörderisch, der böse Glanz glühender Magma.

Die bizarr-bedrohlichen Steintürme schienen ein Bild in die atemlose Luft zu projizieren – oder war es real, war es Wirklichkeit, was er da zu sehen glaubte?

Vor ihm tat sich eine übergroße Gestalt auf, eine wunderschöne junge Frau, so schön, wie er noch nie eine Frau zuvor gesehen hatte oder sich zumindest nicht erinnern konnte.
Feenhaft in langem weißen Gewand von seltenem Glanz, mit Grazie, Anmut und langem blonden Engelshaar stand sie da, und ihr warmherziger Blick spiegelte ihm eine perfekte Fata Morgana vor.

„Was hat mir der Fischer nur in den Wein getan“ dachte er laut, „Sie gibt es doch gar nicht“ redete er weiter vor sich hin.

„Doch mein Freund, ich bin keiner eurer Träume, mich gibt es wirklich“, begann sie ruhig und behutsam zu reden.
„Ihr seid fast an eurem Ziel angekommen, nur noch wenige Schritte bis dahin, und ich, der Frieden, werde euch auf eurer letzten Wegstrecke begleiten, es liegt nur noch das Tal der Gewalt vor euch. Wenn ihr diese Steine hinter euch gelassen habt, seid ihr am Ziel.“
„ Ihr erinnerst euch doch noch an euer Ziel“, fragte sie ein wenig besorgt.

„Ja ja, mein Ziel, das Paradies wie es die Gelehrten heißen, ich habe es nie aus den Augen verloren, dennoch scheint es mir weiter entfernt als je zuvor.“

„Nein mein Freund, ihr habt es fast erreicht und die letzen Meter dorthin dürft ihr meiner Hilfe gewiss sein“, versuchte das feenhafte Wesen den sichtlich Aufgebrachten zu beruhigen.

„Ha, Ha, Ha, Ihr habt mich alle belogen und betrogen, mein Leben habt Ihr mir gestohlen. Die Liebe, die Genügsamkeit, die Wahrheit und wie sie alle hießen, nichts haben sie für mich getan, nur aufgehalten haben sie mich. Nein, nein und nochmals NEIN, Ihr seid keine Hilfe und sie erst recht nicht, glaube sie ja nicht, dass ich mich durch ihre Schönheit blenden lasse. Verschwindet, lasse sie mir meine Ruhe, sonst …“

„Sonst was?“ fragte das friedliche Wesen mit ängstlicher Stimme.

„Sonst wird sie schon sehen was sie davon hat“, schrie er sie, so laut sein schwacher Körper noch konnte, an, nahm den erst besten Stein und erschlug das Wesen, welches vorgab der Frieden zu sein.

Plötzlich, von Blitzen und lautem Donner begleitet, begannen sich die Steine zu pulverisieren, die Luft wurde klar und rein, wenn auch ein wenig kühl.

Nachdem alle Steine verschwunden waren, tat sich direkt vor ihm eine hell erleuchtete Hütte auf, über ihr noch heller leuchtend ein Stern – der Stern dem er schon so lange folgte und den er zeitweilig gänzlich aus den Augen verloren glaubte.

„Ja, Ja, Ja“, dachte er, „ich bin am Ziel angekommen – endlich!“
„Hätte ich nur gleich am Anfang die Liebe erschlagen, was wäre mir alles erspart geblieben, ich wäre schon lange am Ziel, vor allem noch jung und gesund und nicht so schwach wie jetzt“, sinnierte er vor sich hin.
„Egal, die letzen Schritte schaffe ich auch noch“, dachte er und begann seinen alten schwachen Körper über den Sand der pulverisierten Steine zur Hütte zu schleppen.

„Hallo, hier bin ich, mache doch jemand die Türe auf“, jammerte er, an der Hütte angekommen, kaum hörbar vor sich hin und begann zugleich mit seinen dürren Händchen an der Tür zu kratzen – zum Klopfen reichte seine Kraft nicht mehr.

Ein junger Mann in einem eleganten, schwarzen, silbrig schimmernden Anzug öffnete ihm die Tür. Sein Blick verriet, dass dieser Edelmann schon lange auf etwas oder irgendjemanden wartete.

Er streckte dem Edelmann sein rechtes dünnes Ärmchen entgegen, das Korn welches er einst erhalten hatte, fest in seinem Greisenhändchen unklammernd.

Kaum hörbar stammelte der Alte: „Nehmt dies und folget dem Licht des Sternes. Man erwartet euch schon.“

Hernach schloss er für immer seine Augen …

© by SchVVarzer Peter (Peter Scheurich)

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Wenn alle Leute nur dann redeten, wenn sie etwas zu sagen haben, würden die Menschen sehr bald den Gebrauch der Sprache verlieren.
William Somerset Maugham


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Rippit
 Betreff des Beitrags: Re: Die Reise ins Licht ...
Ungelesener BeitragVerfasst: Mo 22. Mär 2010, 04:30 
Schvvarzer Peter. Ich habe diese Geschichte wirklich gerne gelesen. Sie ist hervorragend gelungen.
Wie würdest Du Deinen Hauptdarsteller nennen? "Mensch" vielleicht? Oder "Kultur"? Oder "Erkenntnis"?
Ich habe recht schnell bemerkt, worauf Seine Reise hinaus läuft... aber das tat dem Lesevergnügen keinen Abbruch.
Ich werde sehr gerne weitere Texte von Dir lesen.

Rippit


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wobbles
 Betreff des Beitrags: Re: Die Reise ins Licht ...
Ungelesener BeitragVerfasst: Sa 8. Okt 2022, 13:04 
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wobbles
 Betreff des Beitrags: Re: Die Reise ins Licht ...
Ungelesener BeitragVerfasst: Mo 24. Okt 2022, 23:23 
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wobbles
 Betreff des Beitrags: Re: Die Reise ins Licht ...
Ungelesener BeitragVerfasst: So 11. Dez 2022, 02:43 
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 Betreff des Beitrags: Re: Die Reise ins Licht ...
Ungelesener BeitragVerfasst: Sa 25. Mär 2023, 07:42 
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