Die Sache mit der Philosophenbank oder in 30 Minuten zum Glück
Ein lang gehegter Wunsch von mir war es, in unserem Garten einen Rosenbogen aufzustellen, so richtig schön zugewachsen habe ich ihn mir in meinen mädchenhaften und romantischen Dornröschen-Träumen vorgestellt.
Allerdings war vom Mann, der mir die Welt erklärt, ein berechtigter Einwand gemacht worden – wo sollte das Ding hin? Ich kam, aufgrund der Tatsache, dass mich auf meiner Suche nach einem geeigneten Platz, ja die richtige Stelle nun nicht grad angesprungen hatte, ins Grübeln.
Ja, wohin damit?
Unten im Hof vor dem Tor wäre recht nett gewesen, allerdings ist der Vorplatz – schon vor dem Bau unseres Hauses – vollständig und gründlich zementiert worden, das Zeugs muss damals besonders günstig gewesen sein und den Gedanken an den neuen Bohrhammer habe ich sehr schnell wieder verworfen. Sonst lautete die Überschrift hier nun wahrscheinlich:
*Wie setzt man mit dem Bohrhammer eine Rose in nur drei Tagen?*
Das war also schon mal nichts.
Meine nächste Überlegung ging zu dem Bereich hinterm Haus, an dem man unseren eigentlichen Garten betritt, aber da habe ich mir ja leider bei der Neugestaltung der Beet-Einfassungen ein Eigentor geschossen, die Stelle ist grad noch so breit, dass ich mit meinem Ferrari (Rasenmäher) da durch passe.
Wieder nichts.
Nächste denkbare Stelle, dort wo man vom Garten auf die Terrasse gelangt. Aber allein die Vorstellung, dass an diesem Punkt das Dach vom Haus durch die Hanglage derartig tief ist, dass man nur in äußerst gebückter Haltung da hindurch kommt (es sei denn man wäre gebürtiger Pygmäe) und das Objekt meiner Begierde, sehr wahrscheinlich einen halben Meter über die Dachkante hinaus ragen würde, machte den Gedanken nicht grad erfreulicher.
Also, wohin nun mit meinem Traum?
Sonntagabends kam mir dann, bei einem schlechten Krimi, die Erleuchtung! Der Rosenbogen sollte an die Stelle, an der man früher über eine Treppe hoch zum Nachbarn kam. Problem: dort stand eine Bank und hinter der Bank war der Durchgang mit Karnickeldraht verrammelt worden, damit Anton unser Teckel – nein nicht Karnickel – keine unerwünschten Besuche mehr beim Nachbarn machen kann. Was, wenn ich nun den Rosenbogen um die Bank bauen würde?
Da ich eine Frau der Tat bin, stand ich am nächsten Tag im Baumarkt meines Vertrauens und kaufte ein. Ich erstand eine Bastelpackung für Erwachsene: 4 Spaliergitter, eine diverse Anzahl an Dachlatten, ein paar Pfund Schrauben und Holzlasur im Farbton der schon vorhandenen Bank. Daheim angekommen machte ich mich auch direkt daran, meinen Traum zu verwirklichen. Schon am Abend war er fertig – MEIN Rosenbogen mit Bank! Nun musste mein neues Konstrukt nur noch lasiert werden …
Da der Mann, der mir die Welt erklärt, vom Fach ist, habe ich ihn gebeten, dies doch bitte zu übernehmen. Seine Antwort: „Ich mache das am Samstag.“ Man überlege sich – es war grad erst Montag! Mein Einwand, dass am Samstag, die eigens für den Bogen neu gekaufte Rose, eigentlich schon halb um den Rosenbogen gewachsen sein sollte, wurde mit schallendem Gelächter quittiert. Schönen Dank!
Also bewappnete ich mich selbst mit Malervlies und diversen Pinseln und machte mich daran, mein Werk selbst zu vervollständigen. Nach einer halben Stunde in gebückter Arbeitshaltung erinnerte mich mein Rücken daran, dass er schon mal einen Bandscheibenvorfall gehabt hatte. Lächelnde Kommentare wie: „Also ich schaffe das in einer halben Stunde…“ wurden von mir einfach schweigend ignoriert. Gegen Abend kam mein Rosen-Kavalier dann in den Garten und teilte mir mit, dass die von uns bestellte Liegenauflage zur Abholung bereit stünde und er die nun holen fahre.
Ich ergriff die Gelegenheit, die sich mir nun bot, beim Schopfe, und sagte: „ Ich fahre, wenn Du hier weiter lasierst.“ Und man stelle sich meine Freude vor - er willigte ein. Ich fuhr also frohen Mutes los und kam mit der Auflage und diversen Pflanzen, die mir wie von Zauberhand in den Einkaufswagen gesprungen waren, gut gelaunt zurück.
Wahnsinn!!!
Der Rosenbogen stand wie gewünscht vollständig lasiert und strahlend auf dem ihm zugedachten Platz!!! Ich war überwältigt! Die Tatsache, dass mein Prinz ebenfalls ausschaute, als hätte er einen Teil von sich selbst gleich mit lasiert machte mich lächelnd; so hatte er den längst überfälligen Gang zur Sonnenbank gespart – ich denke halt grundsätzlich praktisch …
Ich bedankte mich überschwänglich und freute mich ob der Tatsache, dass ich nun NUR noch die Malerutensilien beseitigen musste. Ich räumte also das Vlies beiseite und dann entdeckten meine Augen etwas, dass in mir ein ganz klein wenig den Missmut hochkommen ließ, aber wirklich nur ein ganz klein wenig. Überall auf den noch neuen Fliesen waren Lasurspritzer! Ich verkniff mir allerdings fluchende und lautstarke Kommentare, sondern hakte höflich nach, wie dies denn passiert sei - man(n) konnte sich das jedoch überhaupt nicht erklären. Mögliche und sehr wahrscheinliche Ursache wäre, dass ich nicht alles richtig abgedeckt hätte. Aber ich ahnte, wo der Hase im Pfeffer lag. Hatte ich für 2/3 Anstrich grad mal eine knappe Dose Farbe verbraucht, waren nun beide Büchsen vollständig entleert, es sollte ja schließlich ein dauerhafter und haltbarer Anstrich sein!
Egal, ich verbrachte den nächsten Vormittag damit, auf Knien – weil das besser für die Bandscheiben ist – die Fliesen mit Verdünnung abzuwaschen; es dauerte auch wirklich nur unwesentlich länger als 30 Minuten. Schließlich war ja nun mein Traum Wahrheit geworden und in meinem Lieblings-Garten-Forum habe ich sogar die passende Bezeichnung dafür gefunden!
Philosophenbank!!!
An schönen Tagen sitze ich nun auf dieser Bank und philosophiere darüber, wie unterschiedlich lang doch 30 Minuten bei Männern und Frauen sein können – es kommt halt immer auf die Perspektive an, aus der man(n) etwas betrachtet und mal ehrlich, Zeit ist doch eh so etwas von relativ.
Nachtrag:
Wir haben übrigens ein Woche später draußen unseren Kaffee getrunken, auf einmal meint mein Herzblatt: „Schatz, da stimmt was nicht!“ Ich: „Womit?“ Er: „Na die Rose ist noch kein bisschen gewachsen …“
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